ZürcherIn (29), single, sucht…

Eine Analyse der alleinlebenden ZürcherInnen zeigt, in welchen Quartieren sie sich am wohlsten fühlen, wie alt sie sind, woher sie kommen und wohin sie gehen.

Die Karte lässt es bereits erahnen: Die Singles der Stadt Zürich sind keineswegs zufällig über die Standquartiere hinaus verteilt, vielmehr scheint die Verteilung einem Muster zu folgen. Weibliche Singles scheinen die Quartiere Seefeld und Hottingen zu bevorzugen, während sich männliche Singles an der Langstrasse, in der City und am Lindenhof wohlzufühlen scheinen. Im folgenden Beitrag werden die Alleinlebenden der Stadt Zürich hinsichtlich ihrer Verteilung, ihres Alters und ihrer Herkunft analysiert.



(Singles-Karte: Je dunkler die Quartiere eingefärbt sind, desto höher der Anteil an Singles. Die Icons zeigen welches Geschlecht die Mehrzahl der Singles hat. Falls die Karte nicht angezeigt wird finden Sie diese unter: http://rpubs.com/magiov/singlesZuerich)

Wo die meisten Singles leben

Die Zürcher Singles wohnen nahe am Stadtzentrum. Auf der Karte erkennt man einen deutlichen Unterschied zwischen den zentralen und den peripheren Standquartieren hinsichtlich ihrer Singles-dichte. In den Quartieren Langstrasse und Rathaus beträgt deren Anteil an der Quartierbevölkerung sogar über 16 %. Beinahe jeder sechste Bewohner, zwischen 25 und 54 Jahren, lebt in diesen Quartieren folglich alleine.

Auch in Bezug auf die Geschlechter erkennt man auf der Karte eine klare Grenze. Alle Quartiere, in denen mehr als die Hälfte der Singles weiblich ist, liegen dicht beieinander. Zudem scheinen sich die weiblichen Singles eher im süd-östlichen Teil von Zürich wohlzufühlen. Sie sind in den Quartieren Hottingen, Hirslanden und Seefeld deutlich in der Mehrheit (über 52 % weibliche Singles).

In allen anderen Quartieren sind die männlichen Singles jedoch klar in der Überzahl. Im Quartier Leimbach betrug der Anteil an männlichen Singles im Jahr 2016 sogar beinahe 63 %. Allerdings ist in diesem Quartier die Alleinlebenden-Dichte auch besonders tief (nur 4.3 % der Quartierbewohner sind Singles).

Anzahl Alleinlebende pro Geschlecht (Farben) und Altersklasse (Balken) für die verschiedenen Quartiere – über 1000 Singles pro Quartier

(Lesebeispiel: Im Quartier Seebach erkennt man die eindeutig einseitige Verteilung der Singles. Die deutlich längeren gelben Balken deuten darauf hin, dass in diesem Quartier die männlichen Alleinlebenden in der Überzahl sind. Zudem erkennt man an der roten Linie, welche den durchschnittlichen Anteil an Singles über alle Altersklassen anzeigt, dass für beide Geschlechter oft mehr junge als ältere Singles im Quartier wohnen. Wenn alle Singles gleichmässig über die Altersklassen verteilt wären, wären alle Balken auf der Höhe der roten Linie.)

Der englische Begriff „Single“ ist ursprünglich in den 1970er Jahren in den USA entstanden. Als „Singles“ wurden junge Menschen bezeichnet, welche auf eine traditionelle Ehe verzichteten, um bewusst und freiwillig alleine zu leben (Hradil, 2003). Heute wird der Begriff „Singles“ allgemeiner für Alleinlebende benutzt. In diesem Beitrag wurden Singles als Alleinlebende ledige, im Alter von 25 bis 54 Jahren, bezeichnet. Dies entspricht weitgehend dem „weiten Singlebegriff“ , nach der Definition von Hradil (2003) in seinem Buch Die Singlegesellschaft. Der Grundgedanke hinter dieser Definition ist, dass die meisten Menschen, welche ihr 25. Lebensjahr erreicht haben, nicht mehr in Ausbildung sind. Sie sind somit mit hoher Wahrscheinlichkeit in der Lage, ihre Wohnsituation frei wählen zu können. Deswegen kann angenommen werden, dass diese Menschen absichtlich alleine wohnen, was wiederum die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass sie in keiner festen Beziehung sind.

 

Tendenziell sind die meisten Alleinlebenden eher jung (25-39 Jahre), wobei die Unterschiede in den Altersklassen auch vom jeweiligen Quartier abhängig zu sein scheinen. Im Quartier Witikon beispielsweise, sind die  50-54-Jährigen Singles sogar leicht in der Überzahl. Allerdings ist Witikon auch das Quartier mit Zürichs ältester Bevölkerung. Aber auch in den Quartieren Fluntern, Weinegg, Höngg und Hottingen scheinen die Alleinlebenden eher gleichmässiger über die Altersklassen hinweg verteilt zu sein als in den übrigen Quartieren (alle Werte nahe am Durchschnitt = rote Linie). In den Quartieren Schwamendingen-Mitte und Hirzenbach hingegen scheinen sich eher die ganz jungen Singles wohlzufühlen.

Anzahl Alleinlebende pro Geschlecht (Farben) und Altersklasse (Balken) für die verschiedenen Quartiere – unter 1000 Singles pro Quartier

(Lesebeispiel: Im Quartier Witikon lebten zwischen 2013 und 2016 mehr Singles über 50 als solche unter 30 Jahren. Bei dieser Grafik muss jedoch beachtet werden, dass die Skala nur halb so gross ist, wie in der Grafik mit den grösseren Quartieren. Auch hier erkennt man an der roten Linie, welche den durchschnittlichen Anteil an Singles über alle Altersklassen anzeigt, dass für beide Geschlechter oft mehr junge als ältere Singles im Quartier wohnen. Wenn alle Singles gleichmässig über die Altersklassen verteilt wären, wären alle Balken auf der Höhe der roten Linie – ähnlich wie im Quartier Witikon.)

Woher kommen all die Singles?

Ein grosser Teil der Singles ist tatsächlich zugezogen. Etwa 50’000 Personen sind zwischen 2013 und 2016 aus dem Ausland nach Zürich gezogen. Davon sind rund 4’600 (oder 9.4 %) in Einzelhaushalte gezogen.

Bei den ausländischen Männern, die seit dem Jahr 2013 zugezogen sind, sind von den Briten anteilsmässig am meisten in Einzelhaushalte gezogen (13.5 %). Gefolgt von den Franzosen (13 %) und den Deutschen (12.8 %). Bei den ausländischen Zuzügerinnen scheinen anteilsmässig die Deutschen (12.8 %) am öftesten in einen Einpersonenhaushalt gezogen zu sein, gefolgt von den Britinnen (12.5 %) und den Niederländerinnen (10.8 %).

Anzahl ZuzügerInnen pro Herkunftsland (Balken), davon Anteil an Singles (Prozentangabe), zwischen 2013 und 2016

(Lesebeispiel: Aus Italien sind zwischen 2013 und 2016 rund 2’000 Männer nach Zürich gezogen. Davon waren 9.5 % ledige, welche in Einzelhaushalte gezogen sind.

Wenn man allerdings den absoluten Anteil an ZuzügerInnen betrachtet, sieht man schnell, dass die meisten Singles wohl aus Deutschland nach Zürich kommen. Über die Geschlechter hinweg sind seit 2013 rund 1’500 Deutsche Singles nach Zürich gezogen.

Insgesamt scheinen mehr männliche als weibliche alleinstehende Ausländer nach Zürich zu ziehen. Dies könnte als Hinweis dafür dienen, dass männliche Zuzüger mehr verdienen als ihre weiblichen Kolleginnen und sich so den Einzelhaushalt einfacher finanzieren können. Für diese Annahme spricht auch eine Studie der ZKB, welche besagt, dass gerade Alleinlebende oft in unverhältnismässig grossen Wohnungen leben (sie haben bis zu 60 % mehr Wohnfläche zur Verfügung als der Durchschnitt). Dass das Single-Leben wirklich teuer ist, zeigt alleine schon der Umstand, dass es eine eigene Interessensgemeinschaft für Singles gibt – die Pro Single Schweiz – welche sich für tiefere Kosten für Alleinlebende einsetzt.

Anteil an zugezogenen Singles pro Herkunftskanton (Prozentangabe) zwischen 2013 und 2016

(Lesebeispiel: Von allen Zuzügern aus dem Kanton Graubünden waren zwischen 2013 und 2016 durchschnittlich etwa 10 % Alleinlebende. Es gab in dieser Zeitperiode keine nennenswerten Schwankungen zwischen den verschiedenen Geschlechtern hinsichtlich des Anteils an Singles.)

Natürlich ist ein Grossteil der zugezogenen Singles nicht aus dem Ausland, sondern aus der Schweiz nach Zürich gezogen. Insgesamt sind zwischen 2013 und 2016 etwa 77‘500 Personen aus Schweizer Kantonen nach Zürich gezogen. Rund 10‘000 (oder 13 %) davon sind in Einzelhaushalte gezogen. Mit Abstand am meisten Singles sind aus dem Kanton Zürich in die Kantonshauptstadt gezogen. Der prozentuale Anteil an Singles scheint allerdings vom jeweiligen Kanton und Jahr abhängig zu sein. Im Schnitt waren zwischen 2013 und 2016 etwa 10 % der zugezogenen Bündner Singles. Von den Basler ZuzügerInnen waren es in der selben Periode im Durchschnitt um die 18 %. Insgesamt scheinen sich die kleinen städtischen Kantone wie Basel-Stadt, Zug und Genf von den ländlichen abzuheben. Dieses Resultat wird dadurch gestützt, dass gerade Basel-Stadt eine Single-Hochburg ist, was sich folglich auf den prozentualen Anteile an Singles unter den Zuzügerinnen auswirken dürfte. Zudem zeigt sich auch eine Tendenz, dass der Anteil an alleinstehenden Frauen, welche aus diesen städtischen Kantonen nach Zürich kommen, leicht höher ist als bei den Single-Männern.

Rund 75 % der zugezogenen (Ausländer und Schweizer) Singles sind unter 35 Jahre alt. Die ZuzügerInnen tragen somit auch aktiv zur Verjüngung der Stadt bei, insofern sie anschliessend auch in der Stadt wohnen bleiben.

Was passiert mit den Singles?

Da die Daten erst seit 2013 erfasst wurden, ist es noch zu früh, um eine definitive Aussage darüber zu machen, was mit den Singles genau passiert. Anhand der Veränderungen im angegebenen Haushaltstyp können allerdings einige Mutmassungen gemacht werden.

Anteil an Alleinlebende (2013) welche bis 2016 mindestens ein Mal Haushaltstyp wechselten und in der Stadt geblieben sind

(Lesebeispiel: Von denen welche 2013 in einem Einpersonenhaushalt gelebt hatten (Singles) und in der Stadt geblieben sind, sind im Jahr 2014 10.4 % in einen Zweipersonenhaushalt gezogen.)

In der Grafik sieht man die Veränderung der Haushaltstypen aller ZürcherInnen, die im Jahr 2013 noch Singles waren. Der häufigste Grund für die Abnahme der Singles über die gemessene Zeit scheint tatsächlich der Umzug in einen Zweipersonenhaushalt zu sein. Ob sie ihr Glück wohl gefunden haben?

 

Methoden:

Die Daten wurden freundlicherweise von der Statistik Stadt Zürich zur Verfügung gestellt.

Die gesamte Analyse beruht auf der Kodierung der Alleinlebenden/Singles (siehe Kasten oben). Nachdem die Untersuchungseinheit definiert worden ist, wurden die Daten in drei Teile aufgeteilt: Singles in Zürich im Jahr 2016 (für die Karte und die Alterspyramiden), zugezogene Singles von 2013 bis 2016 (für die Analyse der ZuzügerInnen) und Singles von 2013 bis 2016 (für die Analyse der Wohnsituation).

Die Dokumentation der Analyse findet sich im folgenden R-Script: Code.txt

Anmerkung: Die Studie vom Bundesamt für Statistik zeigt zwar, dass tatsächlich ein Grossteil der 25-54 Jährigen, welche in einer Beziehung sind, mit dem Partner/der Partnerin unter einem Dach leben. Trotzdem bleibt die Schnittmenge zwischen denen, die in keiner Beziehung sind und denen, welche alleine wohnen, aber in einer Beziehung sind, relativ gross. Somit entspricht die hier gemachte Definition von Singles nicht der gebräuchlichen Nutzung des Wortes, welche sich auf das „nicht-Vorhandensein“  jeglicher Beziehungen bezieht.

Zum Autor:

Titel: ZürcherIn (29), single, sucht…
Name: Mauro Giovanoli
E-Mail: mauro.giovanoli@uzh.ch
Matrikel-Nr: 14-736-144
Abgabetermin: 17.12.2017
Veranstaltung: Forschungsseminar Politischer Datenjournalismus, Universität Zürich
Dozierende: Prof. Dr. Fabrizio Gilardi, Dr.  Bruno Wüest, Alexandra Kohler
Wörter: 1’026

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