Wie Corona die Medienberichterstattung dominierte

Mit der Verbreitung des Corona-Virus in Europa, veränderte sich die Medienberichterstattung der Schweizer Medien schlagartig. Corona war überall. Ein Überblick zeigt, wie das Virus die Medienberichterstattung dominierte und Einfluss in die beiden Themenbereiche Arbeitsmarkt und EU nahm.

Als wir das erste Mal vom neuartigen Coronavirus mit Ursprung Wuhan hörten, hatte das neue Jahr 2020 gerade erst begonnen. So titelte am 09.01.2020 das srf.ch Newsportal als eine der ersten Berichterstattungen mit Nennung Corona:

Laut WHO löst ein Coronavirus die Krankheit aus – zu diesen Viren gehört auch der Sars-Erreger“ – srf.ch

Danach ging es Schlag auf Schlag bis das neuartige Coronavirus in aller Munde war. Bereits Ende Januar enthielten 10% der analysierten Artikel aus Deutschschweizer Zeitungen und Online Zeitungen das Schlagwort Corona oder Covid. Dabei war das Virus noch nicht einmal in der Schweiz angekommen. Als dann am 25. Februar der erste Fall in der Schweiz auftauchte, begann sich der der Anteil an Artikeln mit Corona Nennungen bis Ende Februar zu verdoppeln. Bereits am 13. März dominierte das Thema Corona die Berichterstattung: mehr als 50% der Artikel berichteten über oder erwähnten das Virus. 

Grafik 1: Die Grafik zeigt den Anteil an Artikeln, welche die Schlagwörter Corona oder Covid enthielten. Daten: Democracy Lab.

Die Präsenz des Virus in den Medien hielt an. Während der ersten Welle, in welcher auch der erste, vom Bundesrat angeordnete Lockdown die Schweizer Bevölkerung traf, enthielten zu Spitzenzeiten beinahe dreiviertel der Berichte das Schlagwort Corona. Erst Ende Mai dominierte das Thema zum Ersten Mal die Berichterstattung nicht mehr. Als die erste Welle überstanden war, erholte sich auch die Berichterstattung. Corona war nicht mehr überall, aber hielt sich standhaft in den Medien. Als im Herbst die Fallzahlen wieder anstiegen, stieg  auch der Anteil Artikel mit Corona Nennungen wieder an, knackte jedoch erst Ende Jahr wieder die 50% Marke. Obwohl die zweite Welle genauso stark traf und wiederum Einschränkungen und Massnahmen veranlasst wurden, konnten andere Themen ihren Platz in der Berichterstattung verteidigen.

Das Thema Corona fand seinen Weg in jeden Themenbereich

Die Aktualität des Virus liess, vor allem während dem ersten Lockdown, nicht mehr viel Raum für andere Schlagzeilen. So griff das Thema Corona in Themenbereiche über, welche auf den ersten Blick nicht mit einem Virus in Verbindung gebracht werden würden. Zu erwarten war, dass mit dem Auftauchen des Virus, der Anteil an Artikeln aus dem Themenbereich Gesundheitswesen ansteigen wird: Im Januar lag der Anteil veröffentlichter Artikel dieses Themenbereichs noch unter 10% und stieg während dem ersten Lockdown auf mehr als 20%. Zwischen den beiden Corona Wellen hat sich die Quote nur zu geringem Masse normalisiert. Sie blieb weiterhin hoch und die meisten Zeitungsartikel handelten nach wie vor von Corona. 

Grafik 2: Dargestellt ist der Anteil an Zeitungsartikeln für die verschiedenen Themenbereiche über das Jahr hinweg. Die Grafik zeigt zusätzlich, wie gross der Anteil an Artikeln mit Corona Nennungen in diesem Themenbereich war. Daten: Democracy Lab.

Während Zeitungsartikel aus dem Gesundheitswesen zum Thema Corona zunahmen, kamen andere Themenbereiche zu kurz. So sank die Salienz von Geschlechterthemen und Diskriminierung. Vor allem liess der Themenbereich Umwelt und Energie während der ersten Welle mehr Raum für Berichterstattungen zum Virus. 

Ein Blick auf die Anteilsverteilungen in den verschiedenen Themenbereichen zeigt, dass tendenziell für Themenbereiche, in welchen zu Beginn von Covid-19 mehrheitlich über das Virus berichtet wurde, mehr Platz in der Berichterstattung geschaffen wurde. So auch dem Thema Arbeitsmarkt, jedoch nicht dem Thema EU & Europa, obwohl hier ein Grossteil der Artikel Corona Nennungen enthielten. Doch wie sind diese beiden Themenbereiche mit Corona verknüpft? Was wurde durch Corona verdrängt und was kam neu auf die Agenda? Eine ‘Structural Topic Model’ Analyse zeigt auf, welches die häufigsten Thematiken in diesen beiden Themenbereichen waren.

Von Arbeitslosenquoten zu Kurzarbeit und Home Office

Im Januar und Februar standen Arbeitslosigkeit und Arbeitslosenquoten zuoberst auf der Agenda, wenn es in Berichterstattungen um den Arbeitsmarkt ging. Auch zur Diskussion standen die Arbeitnehmer, Arbeitsstunden, Kündigungen und Lohndifferenzen im Raum Zürich. Auch als der erste Lockdown kam, blieben Berichte zu Arbeitslosenquoten das Hauptthema in Schweizer Zeitungsberichten, jedoch änderte sich deren Inhalt: Neu ging es um die Folgen des Coronavirus auf den Arbeitsmarkt. Die neuen Hauptgesprächsthemen waren Kurzarbeit, Kurzarbeitsentschädigungen, Homeoffice und neue Regelungen im Arbeitsmarkt um die Wirtschaft am Laufen zu halten. Alles Konsequenzen der Pandemie.

Tabelle 1: Die Tabelle zeigt jeweils die 5 häufigsten Topics vor der ersten Corona Welle (Januar und Februar 2020) und während der ersten Corona Welle (März, April, Mai) für den Themenbereich Arbeitsmarkt. Daten: Democracy Lab.

Brexit und die Beziehungen der Schweiz zur EU rückten durch Corona in den Hintergrund

Auch im Thema EU und Europa zeigte sich der Einfluss von Corona während der ersten Welle. Zu Beginn des Jahres wurden noch Artikel über die Beziehungen der Schweiz zur EU geschrieben, danach ging es in der EU vor allem um Corona. Andere Themen rückten von der politischen Agenda und verschwanden im Hintergrund.

Ähnlich erging es dem Thema Brexit. Der Ausstieg Grossbritanniens aus der EU war zum Jahresstart ein oft diskutiertes Thema. Gleich zwei der fünf geschätzten Topics drehten sich um Grossbritannien und 10.30 % und 8.44% der Artikel konnten ihnen zugeschrieben werden. Während dem Lockdown reduzierte dies sich auf ein Topic mit einem Anteil von 9.05%. Überraschenderweise ging die Thematik der Flüchtlingskrise durch Corona nicht unter und war Hauptthematik im Themenbereich EU während dem ersten Lockdown.

Tabelle 2: Die Tabelle zeigt jeweils die 5 häufigsten Topics vor der ersten Corona Welle (Januar und Februar 2020) und während der ersten Corona Welle (März, April, Mai) für den Themenbereich EU & Europa. Daten: Democracy Lab.

Die Analyse von Zeitungsartikeln aus dem Jahr 2020 hat gezeigt, dass Corona vor allem im ersten Lockdown die Medienberichterstattung dominierte. Viele stark betroffene Themenbereiche nahmen in ihrem Anteil zu und die Hauptthematiken dieser Bereiche vor Corona gerieten in den Hintergrund. Durch Lockerungen und vorübergehende Schritte zurück in die Normalität hat die Salienz von Corona wieder abgenommen und andere Themen wie Geschlechter oder Umwelt, welche nicht stark von Corona betroffen waren, bekamen wieder Aufmerksamkeit. 

Informationen zum Blogbeitrag
Name: Selina Flöcklmüller
Matrikelnummer: 14-726-541
E-Mail: selina.floecklmueller@uzh.ch

Seminar: Politischer Datenjournalismus (FS 2021)
Leitung: Theresa Gessler, Bruno Wüest, Alexandra Kohler
Abgabedatum: 20. Juni 2021

Anzahl Wörter: 954

Selbstständigkeitserklärung

Daten und Methoden:
Die analysierten Zeitungsartikel stammen aus dem Jahr 2020 und wurden vom Democracy Lab zur Verfügung gestellt (Swiss Media Database). Der Datensatz enthält 335’984 Zeitungs- und Online-Artikel von verschiedenen Deutschschweizer Zeitungen.

Das Democracy Lab hat bereits eine Einteilung in verschiedene Themenbereiche vorgenommen, welche für diesen Blogbeitrag verwendet wurden. Des Weiteren enthält der Datensatz Metadaten zu den verschiedenen Artikeln (Datum, Rubrik, usw.).

Für die Textanalyse wurden die R packages quanteda und stm verwendet. Der Datensatz wurde in einen Corpus umgewandelt, die Texte in Tokens geteilt, und irrelevante Wörter wurden entfernt. Danach wurde ein Structural Topic Model geschätzt, um die besprochenen Thematiken vor und während Corona zu schätzen und hervorzuheben.

R-Code

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