Die ungleiche Aufteilung im Haushalt

Schweizerinnen arbeiten im Durchschnitt 15 Stunden pro Woche unbezahlt im Haushalt. Rund acht Stunden mehr als ihre Partner. In Tessiner Haushalten ist dieser Unterschied noch grosser. Umfragedaten aus dem Swiss Household Panel von 2021, zeigen welche Paare den Haushalt besonders ungleich untereinander aufteilen. Religion und Bildung spielen dabei eine Rolle, die politische Einstellung dafür aber kaum.

Tatsächlich arbeiten Männer und Frauen fast gleich viele Stunden pro Woche [4]. Wenig überraschend dürfte jedoch sein, dass Frauen für einen grösseren Teil dieser Stunden keinen Lohn erhalten. Sie leisten damit mehr sogenannte unbezahlte Arbeit. Die steht in der Abbildung der bezahlten Arbeit, sprich der klassischen Lohnarbeit gegenüber. Schweizerinnen verbringen pro Woche rund acht Stunden mehr mit Hausarbeiten, wie Kochen, Putzen und Waschen als ihre Partner [4]. Das entspricht in etwa einem Arbeitstag.

Was die Grafik ebenfalls zeigt, unbezahlte Care-Arbeit, also die Betreuung von Kindern und Angehörigen, leisten immer noch zu einem grösseren Teil Frauen [4]. Diese Verteilung spiegelt sich schliesslich im Teilzeit-Pensum wider. Die Balken zeigen, Männer haben dadurch im Schnitt auch ein höheres Pensum für die bezahlte Erwerbsarbeit, während Frauen hier reduzieren [4].

In welchen Kantonen Frau mehr Hausarbeit leistet:

Wodurch zeichnen sich Paare mit einer traditioneller Rollenverteilung bei der Hausarbeit nun aus? Die Karte zeigt, wie viele Stunden herosexuelle Frauen im Schnitt mehr im Haushalt arbeiten als ihre Partner. Sie bildet damit eine Art der unbezahlen Arbeit näher ab [4]. Beim Blick auf die Karte wird eines schnell klar: Im Schnitt gelingt es keinem Kanton, die Fünf-Wochenstunden-Unterschied zu Lasten der Frau zu unterschreiten [4].

Westschweizerinnen sind im kantonalen Vergleich, aber am nächsten daran, dem Pensum des Partners gleichauf zu kommen [4]. Genf ist mit zirka sechs Stunden der Spitzenreiter. Für einige Kantone in der Deutschschweiz, wie Schaffhausen oder Baselland, ist dieser Trend ebenfalls erkennbar. Paare in Tessiner Haushalten bilden das Schlusslicht [4]. Dort sind Frauen im Schnitt rund 13 Stunden pro Woche mehr mit Hausarbeiten beschäftigt als ihre Partner und unterscheiden sich somit von Paaren in den beiden anderen Sprachregionen [4].

Frauen, die länger in Ausbildung waren, haben es im Haushalt fairer.

Der Genfer Wohnsitz ist aber nicht der einzige Faktor, der mit einer faireren Haushaltsaufteilung in Zusammenhang steht. Auch Einkommen und Bildung spielen eine Rolle, dabei wie gross die Unterschiede bei der verrichteten Hausarbeit von Paaren sind. Beim Gehalt klar, denn das sinkt natürlich mit einer höheren Teilzeitquote [2]. Auf der anderen Seite steigt das Gehalt mit höher formaler Bildung [2]. So sind Frauen, die mehr Zeit in Ausbildung verbrachten und einen Universitätsabschluss haben, ebenfalls um rund drei Stunden näher am Hausarbeitspensum des Partners als Frauen mit Pflichtschulabschluss [4]. Für den Umkehrschluss erlangte die Analyse keine eindeutigen Ergebnisse. Der Bildungsabschluss des Partners, wirkt sich nicht unbedingt auf Aufteilungen im Haushalt aus. Trotzdem kann es ein Indiz dafür sein, dass Frauen wegen einem tiefen Einkommen, das ja stark mit der Bildung zusammenhängt, mehr Zeit mit unbezahlter Hausarbeit verbringen als ihre Partner [4].

Ob politische Links oder Rechts ist bei der Hausarbeit kaum relevant.

Auf der anderen Seite wiederum stellt sich die Frage, ob politische Positionierung und Religiosität auch damit im Zusammenhang stehen, wie fair Hausarbeit innerhalb von Paaren verteilt ist [4]. Für die politische Ausrichtung ist dies uneindeutigen und das spricht wohl für keinen Zusammenhang. Für Männer sind die Ergebnisse nicht allzu klar. Es gibt Indizien dafür, dass jene, die sich politisch linker positionieren, im Vergleich etwa eine halbe Stunde mehr pro Woche im Haushalt anpacken als jene, die sich rechter der Mitte positionieren [4]. Die politische Orientierung der Partnerin spielt dagegen laut Analysen kaum eine Rolle. Es gibt also keinen Unterschied zwischen bürgerlichen und linken Frauen. Hier liegt es also, falls überhaupt, am Mann [4].

Religiöse Paare teilen sich die Hausarbeit ungerechter auf.

Nicht nur Politik, sondern auch Religionen prägen. Wer mehr kocht, wascht und putzt hängt auch damit zusammen, wie oft man eine Kirche, Moschee, Synagoge oder andere religiöse Einrichtung betritt. Frauen, die häufig an religiösen Zeremonien teilnehmen, übernehmen auch verhältnismässig etwas mehr Hausarbeit als Frauen, die dies weniger oft tun [4]. Die Religion oder Konfession ist dabei nicht zwingen ausschlaggebend. Sich nur als protestantisch oder katholisch zu definieren ist also nicht das Entscheidende [4]. Die Umfragedaten zeigen, dass regelmässig praktizierende Katholik:innen und Protestant:innen eine unfairere Verteilung im Haushalt haben, als Frauen ohne Bekenntnis. Für Christinnen, die sich den Konfessionen zwar zugehörig fühlen, aber sie seltener in Kirchen ausüben, zeigt die Analyse keine Unterschied zu Personen ohne Bekenntnis [4].

Trends & Alter

Das Alter der Frauen spiel ebenfalls eine wichtige Rolle, wenn auch etwas anders als man vielleicht zuerst intuitiv erwarten würde. Die jüngste Altersgruppe, hier Frauen unter 35, sind die Gruppe mit den geringsten Unterschiede in der Haushaltaufteilung in ihren Beziehungen [4]. Die beiden älteren Gruppen unterscheiden sich aber nicht allzu stark [4]. Eine mögliche Erklärung könnte sein, dass in verschiedenen Lebensphasen mehr oder weniger Zeit in Kochen, Putzen und Waschen gesteckt wird, insbesondere in einem Alter, in dem viele Paare jüngere Kinder haben. Anders gesagt, kann angenommen werden, dass, wenn es Allgemein mehr im Haushalt zu tun gibt, dieser Unterschied im absoluten Zahlen auch grösser wird.

Die Daten weisen zudem auf eine etwas andere Form der Heiratsstrafe hin. So kommt bei verheirateten Paaren ein zusätzlicher rund mehrstündigen Unterschied pro Woche hinzu im Vergleich zu den nicht-verheirate Paaren, die in Beziehungen sind [4].

Ordentlich Zuversicht

Der Blick in die Vergangenheit zeigt einen positiven Trend, und zwar über alle Altersklassen hinweg. Die ungleiche Verteilung wird von Jahr zu Jahr weniger. Am stärksten ist dieser Trend für die jüngere Generation, nämlich die der unter 35-Jährigen, zu sehen. Dort halbierte sich der Unterschied während der letzten zwölf Jahre [4]. Die beiden älteren Altersgruppen liegen nun nahezu gleich auf, mit nur geringen Unterschieden während der letzten Jahre. Zwar zeigt sich eine langsamere Abnahme dieser Unterschiede für die beiden älteren Gruppen, die immerhin stetig bleibt [4].

Für viele Paare bleibt am Ende festzuhalten, dass private Entscheidungen und Planungen oft schnell in altbekannte Muster zurückfallen. Junge, unverheiratete Genferinnen, mit einem Hochschulabschluss, und selten Kirchenbesuchen haben gute Chancen ähnlich viel Zeit mit Hausarbeit zu verbringen, wie ihre Partner [4]. Die politische Einstellung, egal ob die eigene oder die des Partners, spielt dabei keine grosse Rolle [4].


Information
Autorin: Camilla Bellmann
E-Mail: camilla.bellmann@uzh.ch
Lehrveranstaltung: Forschungsseminar «Politischer Datenjournalismus» (FS 2024)
Dozierende: Jacqueline Büchi, Prof. Dr. Karsten Donnay, Prof. Dr. Lucas Leemann und Reto Mitteregger;
Abgabedatum: 29.07.2024
Anzahl Wörter (exkl. Lead, Anhang und Fussnoten): 978

Daten – Methoden – Validität

Die Daten wurden aus dem Swiss Household Panel bezogen [4]. Das Swiss Household Panel ist eine Panelstudie, die mittels Telefon- und Webbasierten Umfragen Daten zu Schweizer Haushalten sammelt und über einen landesweite Längsschnittdaten verfügt. Die Umfrage wird im Auftrag des Schweizer Kompetenzzentrum Sozialwissenschaft (FORS) durchgeführt [5].
Der grösste Teil der Analyse, alle Modellierungen, sowie Grafik 1 und Grafik 2, wurden mit den Daten aus 2021, Welle 23, erstellt [5]. Dabei handelt es sich um die zweit aktuelle Welle, die alle Daten enthält, die für die Analyse benötigt werden (die Religiositätsvariable wird nicht jährlich erhoben). Gewichtungen wurden ebenso mit den Gewichtungsvariablen des Swiss Household Panels durchgeführt [4]. Die letzte Grafik und Beschreibung der Trends erfolgten mit Daten aus dem gesamten Befragungszeitraum. Für diese wurden die Wellen 1-24, sprich die Umfragedaten von 1999 bis 2022 verwendet. Die Beschreibung ist rein deskriptiv. Wie bereits im Text vermerk sind diese Ergebnisse möglicherweise verzerrt, da keine einheitliche Gewichtungsvariable verwendet werden konnte. Auf Grund der grossen Fallzahl soll argumentiert werden, dass die Ergebnisse einigermassen verlässlich sind, wenn auch mit einem grösseren Stichprobenfehler. Die Unsicherheit wurde grafisch dargestellt. Die Paaranalysen beziehen sich ausschliesslich auf heterosexuelle Paare im gemeinsamen Haushalt.

Die Validität soll anhand der Robustheit der Modelle und der Einordnung in die Literatur besprochen werden.

Um die Robustheit der Ergebnisse festzuhalten, wurden mehrere Modelle geschätzt, dabei wurden einzelner Variablen hinzugefügt oder weggelassen. Uneindeutige Ergebnisse (Variablen, die nicht in allen Modellen signifikant/insignifikant blieben) wurde nicht oder nur äusserst vorsichtig interpretiert. So zum Beispiel der Zusammenhang zwischen der Bildung des Partners und der Unterschiede in der Hausarbeit. Da die Bildungsvariable des Partners zeigt nicht in allen Modellen signifikante Einflüsse, die Interpretation war somit zurückhaltend.
Fallzahlen wurden stets inspiziert und gegebenenfalls wurden kleine Gruppen zusammengefasst oder vernachlässigt. Da kleine Religionsgemeinschaften nicht in grossen Fallzahlen vertreten waren wurde die Variable vereinfacht und kleine Religionen wurden nicht berücksichtigt und eine Einschränkung auf Evangelisch, Katholisch und nicht religiös wurde vorgenommen.
Die kategorische Altersvariable erwies sich in univariaten Modellen als signifikant und die im Text beschriebenen Trends blieben auch den unterschiedlichen Altersklassen konstant. In den multivariaten Modellen war dies nicht immer der Fall, eine Vermutung ist, dass die Altersvariable stark mit den anderen erklärenden Variablen (Religiösität, Zivilstand, etc.) korreliert. Da es aber auf theoretischer Sicht Sinn ergab und die deskriptiven Darstellungen sehr eindrücklich sind wurde hier die deskriptive Darstellung und das univariate Modell trotzdem interpretiert.
Ausserdem wurden alle einzeln Variablen mit verschiedenen Tests geprüft. Um eine Abwägung zwischen Werten und Bildung (Proxi für Einkommen und d.h. finanzielle Entscheidung) zu erhalten wurde das Multivariate Modell geschätzt. Dieses Vorgehen und die Verwendung der Gewichtungsvariablen haben das Ziel möglichst unverzerrte und einigermassen repräsentative Ergebnisse zu erzielen. (Wie bereits erwähnt konnte keine einheitliche Gewichtung für die deskriptive Zeitanalyse vorgenommen werden. Aus diesem Grund kann dieser Anspruch für Grafik 3 nicht erhoben werden.)
Es soll auch angemerkt werden, dass zum Leseverständnis Heuristiken für die Interpretation angewandt wurden. Ceteris Paribus Bedingungen für Multivariate Modell wurden kaum erwähnt.

Die Ergebnisse stehen in Einklang mit denen sozialwissenschaftlicher Publikationen. Makarova und Herzog (2015) kommen mit anderer Methodik und Daten auch zu grossen regionalen Unterschieden innerhalb der Schweiz [3]. Für die Variablen auf Individualebene konnten Voicu et al. (2009) in ihrer Europaweiten Analyse feststellen, dass Bildung, Einkommen Alter, so wie der Anstellungsgrad des Partners Hausarbeitsaufteilung beeinflussen [7]. In einem weiteren Paper (2007) stellen die Autor:innen fest, dass sowohl Werte (zu Säkularität und Gleichstellungsfragen) und Ressourcen (Einkommen) eine wichtige Rolle bei der geleisteten Hausarbeit spielen [6]. Für Religionen erkennen sie ausserdem, dass katholische Gesellschaften gleichmässigere Hausarbeitsaufteilungen anwenden, was in dieser Analyse nicht nachgewiesen werden konnte [6].

Zur Replikation und Nachvollziehbarkeit kann hier der Code zur Datenbereinigung und Datenanalyse eingesehen werden.

Literaturverzeichnis

[1] Bundesamt für Landestopografie swisstopo. (2024, Januar 8). swissBOUNDARIES3D. https://www.swisstopo.admin.ch/de/landschaftsmodell-swissboundaries3d#swissBOUNDARIES3D—Download

[2] Lalive, R., & Lehmann, T. (2020). The labor market in Switzerland, 2000–2018. IZA World of Labor. https://doi.org/10.15185/izawol.402.v2

[3] Makarova, E., & Herzog, W. (2015). Gender Roles Within the Family: A Study Across Three Language Regions of Switzerland. In S. Safdar & N. Kosakowska-Berezecka (Hrsg.), Psychology of Gender Through the Lens of Culture (S. 239–264). Springer International Publishing. https://doi.org/10.1007/978-3-319-14005-6_12

[4] SHP Group. (2024). Living in Switzerland Waves 1-24 (including a long file) + Covid 19 data (7.0.0) [dataset]. [object Object]. https://doi.org/10.48573/58NW-6A50

[5] Tillmann, R., Voorpostel, M., Antal, E., Dasoki, N., Klaas, H., Kuhn, U., Lebert, F., Monsch, G.-A., & Ryser, V.-A. (2022). The Swiss Household Panel (SHP). Jahrbücher Für Nationalökonomie Und Statistik, 242(3), 403–420. https://doi.org/10.1515/jbnst-2021-0039

[6] Voicu, B., Voicu, M., & Strapcova, K. (2007). Gendered Housework. A Cross-European Analysis. Sociológia – Slovak Sociological Review, 21(6), 502–521.

[7] Voicu, M., Voicu, B., & Strapcova, K. (2009). Housework and Gender Inequality in European Countries. European Sociological Review, 25(3), 365–377. https://doi.org/10.1093/esr/jcn054