Am 18. Mai wird über den ‚Bundesbeschluss über die medizinische Grundversorgung abgestimmt. Die Vorlage will die medizinische Grundversorgung als Ganzes stärken und dafür auch die Hausarztmedizin gezielt fördern (vgl. Erläuterungen des Bundesrates). Sprich die Position der HausärztInnen soll gestärkt werden, um den drohenden Ärztemangel in der Grundversorgung abzuwenden. Aber wie gross ist dieser Mangel überhaupt?
Der Ärztemangel ist nicht nur in der Schweiz ein Thema, sondern auch in anderen Ländern Europas. Allerdings gibt es momentan auch so viele Ärzte wie noch nie. (vgl. Spiegel)
Im europäischen Vergleich liegt die Ärztedichte der Schweiz im oberen Mittelfeld mit 383.3 Ärzten pro 100’000 Einwohner. Damit liegt sie über dem europäischen Durchschnitt von 330 ÄrztInnen pro 100’000 Einwohner. Spitzenreiter hier ist Österreich mit 482.4. Die Schlusslichter bilden Polen und Rumänien mit 218.6 respektive 239.2 Medizinern pro 100’000 Einwohner.
Vergleicht man die Ausgaben, die ein Staat in die Gesundheit investiert, ist die Schweiz zusammen mit Norwegen deutlich an der Spitze. Allerdings muss man hier bedenken, dass auch das Preisniveau in diesen beiden Staaten in Europa mit Abstand am höchsten ist, dass also die benötigte Ausrüstung etc. im Schnitt teurer ist.
Dies unterstreicht auch der Text des Bundesbeschluss vom 18. Mai, der sagt, dass Bund und Kantone im Rahmen ihrer Zuständigkeit für eine ausreichende, allen zugängliche medizinische Grundversorgung von hoher Qualität zu sorgen haben (vgl. Erläuterungen des Bundesrates). Hier wird betont, dass die hohe Qualität der medizinischen Versorgung für die Bevölkerung erwartet wird. Auch soll eine angemessene Entlöhnung in der Verfassung festgeschrieben werden. Dadurch soll auch der Anreiz geschaffen werden, dass sich junge Leute für die Allgemeinmedizin entscheiden.
Vergleicht man die Anzahl Mediziner in der Schweiz mit der Bevölkerung fällt auf, dass diese im Jahr 2008 einen Einbruch erleidet. Auch sieht man, dass jedoch die Anzahl der Ärzte in den letzten 20 Jahren steiler angestiegen ist, als die Bevölkerung. Ab dem Jahr 2003 ist diese Kurve zwar ein wenig abgeflacht, aber sie steigt immer noch stärker als das Bevölkerungsniveau. Wenn man allerdings die Anzahl der allgemein Mediziner, welche meist HausärztInnen sind, in die Betrachtung mit einbezieht, sieht das Ganze ein wenig anders aus. Hier ist deutlich ersichtlich, dass im Jahr 2004 die Anzahl Hausärzte stark zurück ging. Zwischen den Jahren 2004 und 2011 ist ein deutlicher Einbruch ersichtlich. Der eingeführte Ärztestopp hat sicher auch etwas mit diesem Einbruch zu tun.
Im 2011 normalisiert sich die Situation wieder auf das Niveau, welches parallel zur Bevölkerungsentwicklung verläuft. Hinzu kommt, dass die Bevölkerung immer älter wird und mit zunehmendem Alter der Bedarf an medizinischer Versorgung steigt. Dadurch werden noch einmal mehr Ärzte benötigt.
Dies alles lässt zwar auf einen Hausärztemangel in den Jahren 2004 bis 2011 schliessen, allerdings hat sich die Lage wieder normalisiert.
Diese Aussage bezieht sich aber auf die Schweiz als Ganzes. Wie sieht die Lage in den einzelnen Kantonen aus?
Dieses Balkendiagramm zeigt, dass in den zwei Kantonen St. Gallen und Bern die Ärztedichte am grössten ist. Am tiefsten ist die Dichte in den rurale Kantonen Apenzell Innerhoden und Schwyz. Der Ärztemangel ist auf dem Land ein grösseres Thema als in der Stadt. Einen Einfluss auf diese Tatsache haben sicherlich auch die Spitäler, welche aus logistischen Gründen vielfach in den Zentrumsgebieten liegen und dort auch in grösserer Anzahl vorhanden sind. Dort ist ein Grossteil der Ärzte beschäftigt. Da der Kanton Bern als flächenmässig zweitgrösster Kanton über sehr viele Zentren (Bern, Biel, Langenthal, Thun etc.) verfügt ist es nicht erstaunlich, dass er über eine so hohe Ärztedichte verfügt. Die höchste Ärztedichte findet sich im Kanton St. Gallen. Dies könnte daran liegen, dass auch in St.Gallen viele Zentren (St. Gallen, Wil, Rapperswil etc.) vorhanden sind. Auch verfügt der Kanton St. Gallen über ein grosses Einzugsgebiet, welches noch die Kantone Appenzell Ausser- und Innerhoden umfasst.
Vergleicht man die Ärztedichte mit der Dichte der Hausmediziner pro Kanton ergibt sich in der Regel ein ähnliches Bild.
Allerdings fällt hier auf, dass der Kanton Appenzell Ausserhoden eine erstaunlich hohe Anzahl an Allgemeinmediziner aufweist. Dies kann möglicherweise darauf zurückgeführt werden, dass der Kanton zwar über zwei Spitäler verfügt, allerdings sind diese relativ klein. Alle anderen Mediziner arbeiten somit in privaten Praxen. Da der Bedarf an Hausmediziner vor allem in ländlichen Gebieten am grössten ist, haben sich die ÄrztInnen in Appenzell Ausserhoden wohl auf dieses Gebiet spezialisiert.
Auch wird klar, dass in einigen Kantonen sehr wenig Allgemeinmediziner arbeiten. Im Schnitt sind 41.7% aller Ärzte in der Schweiz Allgemeinmediziner. Allerdings unterscheiden sich die Kantone untereinander deutlich. Der Anteil an Hausärzten ist mit 58.8% im Kanton Uri mit Abstand am höchsten. Die tiefsten Anteile weisen die Kantone Genf und Basel-Stadt auf mit 23.8% respektive 26.9%. Auch der bevölkerungsreichste Kanton, der Kanton Zürich weist mit 31.5% Hausärzte einen sehr kleinen Anteil auf. Dies mag aber sicher auch daran liegen, dass in den Städten, wo sich die grossen Spitäler befinden, viele spezialisierte Ärzte arbeiten. Da die Zahlen aber pro 100’000 Einwohner berechnet sind, sieht man trozdem, dass in den Städten zwar mehr Ärzte vorhanden sind, die Dichte an HausärztInnen aber vergleichsweise gering ist.
Die bevölkerungsreichen Gebiete stehen hier also hinten an, das heisst es ist ein grosser Teil der Bevölkerung, welcher durch diese kleinen Anteile an Allgemeinmediziner betroffen ist.
Ein weiterer Punkt, wieso die grössere Anzahl an praktizierenden Ärzten nicht unbedingt bedeutet, dass das Problem des Ärztemangels gelöst wird, ist, dass immer mehr Mediziner Teilzeit arbeiten (vgl. Deutsches Ärzteblatt). Sprich es gibt zwar mehr praktizierende ÄrztInnen, jedoch steigen die geleisteten Stunden nicht unbedingt.
Im Grossen und Ganzen kann festgehalten werden, dass zwischen den Jahren 2004 und 2010 in der Schweiz ein Mangel an HausärztInnen bestand. Die Zahl der Mediziner insgesamt, ist jedoch etwa parallel oder sogar noch steiler als diejenige der Bevölkerung angestiegen. Dies bedeutet zwar nicht automatisch, dass das Problem des Ärztemangels überwunden ist, da viele Mediziner heute auch Teilzeit arbeiten. Auch dass die Bevölkerung immer älter wird, führt dazu, dass immer wie mehr Mediziner benötigt werden. Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern ist die Ärztedichte in der Schweiz im oberen Mittelfeld anzutreffen.
Durch die Abstimmung am 18. Mai soll durch die Stärkung der allgemein MedizinerInnen dem existierenden Mangel entgegen getreten werden.
Alle Daten von Eurostat und BfS.