Gen Z und ihr Arbeitsverhalten – so anders ist es gar nicht

Die Generation Z steht oft in der Kritik, faul und anspruchsvoll zu sein. Doch viele dieser Vorurteile basieren auf fragwürdigen Daten und Übertreibungen. Ein genauerer Blick zeigt, dass die Unterschiede zwischen den Generationen weniger dramatisch sind, als häufig behauptet.

Der Soziologe Karl Mannheim prägte das Konzept der „Generation“. Er definierte sie als eine Gruppe von Menschen, die während ihrer prägenden Jahre ähnliche Erfahrungen gemacht haben, was zu vergleichbaren Einstellungen führt. Diese prägenden Ereignisse, die zwischen dem 15. und 25. Lebensjahr erlebt werden, haben einen dauerhaften Einfluss. Die Einteilung in Generationen ist keine exakte Wissenschaft, aber gängig ist die folgende Aufteilung:

Silent Generation: 1922-1955
Babyboomer: 1956-1965
Generation X: 1966-1980
Generation Y (Millennials): 1981-1995
Generation Z: 1996-2010
Generation Alpha: ab 2011

Die Gen Z ist die jüngste arbeitende Generation: deren älteste Jahrgänge starteten 2012 ins Berufsleben. Gemeinsam mit den Millennials stellen sie heute bereits etwa die Hälfte der Schweizer Arbeitskräfte. 2022 überholten die Millennials (35,8 %) die Generation X (35,7 %) und wurden zur grössten Gruppe der Erwerbsbevölkerung. Dagegen stehen die Gen Z-ler noch erst am Anfang des eigenständigen Lebens. Elf Jahrgänge sind volljährig, etwa zwei Jahrgänge haben die Schule verlassen, und zwei Jahrgänge sind noch in der Schulzeit. Trotzdem haben sie sich als Arbeitstätige schon jetzt einen schlechten Ruf eingefangen in der Arbeitswelt – die Gen Z sei arbeitsscheu und sorge sich nur um ihre Freizeit.

Eingeschränkte Vergleichbarkeit

Auch in den Medien liest man ein Experteninterview nach dem anderen, wie sich die Jungen von heute vom Rest unterscheidet. Dabei sind bestehende Belege oft nur anekdotisch oder statistisch mangelhaften Vergleichen zwischen den Generationen basiert. Generationenvergleiche unterstehen nämlich der Herausforderung des sogenanntem APC-Problem (Age-Period-Cohort). Dieses besagt, dass Unterschiede oder Veränderungen zwischen den Personen nicht unbedingt davon abhängen, dass sie einer bestimmten Generation angehören. So können sich Einstellungen und Verhalten, z.B. bezüglich die Arbeit, auch mit dem älter werden anpassen, oder mit allgemein-gesellschaftlichen Entwicklungen graduell für alle verändern. Da die Generationen aber – gezwungenermassen – nie zur selben Zeit gleich alt sind, lassen sich die Einflüsse von Geburtsjahr, Lebensalter und historisch-zeitlichen Kontext durch direkte Vergleiche nur sehr schwer auseinanderhalten.

Wie sieht es nun also mit dem Stereotypen der faulen Gen Z aus, wenn man diese Aspekte berücksichtigt? Dieser Blogbeitrag untersucht Daten des Swiss Household Panels von 2002 bis 2022, einer jährlich durchgeführten, national repräsentativen Umfrage in der Schweiz. Da Gen Z sich noch im Berufseinstieg befindet, ist ein fairer Vergleich nur möglich, wenn man bei anderen Generationen ebenfalls die Lebensphase des Berufseinstiegs betrachtet. Dadurch ergibt sich der Fokus auf das Arbeitsverhalten der Gen Z im Kontrast zu den Millenials.

Gen Z leistet weniger Arbeitsstunden, aber dies gilt es zu relativieren

Der wohl meistgenannte Vorwurf gegen die Gen Z ist, dass sie zu faul ist zum arbeiten. Betrachtet man die durchschnittliche Anzahl Arbeitsstunden pro Woche, sieht man tatsächlich einen Unterschied: Gen Z arbeitet im Schnitt 32.9 Stunden pro Woche, während die Gen Y 1.8 Stunden höher bei 34.7 liegen. Weiter sind bezüglich der Differenz von Soll- und Ist-Zeit 10% aller Gen Z im Minus, während es nur 7% bei den Millenials sind. Ähnlich sieht es auf der anderen Seite aus, wo 38% der Gen Y angibt, Überstunden zu haben, während es 33% der Gen Z sind.

Diese Zahlen allein genügen jedoch nicht, um Gen Z als arbeitsscheu abzustempeln. Zum einen sind die Differenzen der Werte sehr klein. Zum anderen hat sich mit dem steigenden Bildungsniveau und entsprechend längeren Ausbildungen der Einstieg ins Arbeitsleben nach hinten verschoben. Dementsprechend ist der Anteil der Teilzeit-Arbeitenden in der Gen Z (37.2%) höher als bei der Gen Y (35.8%), was sich auf die Arbeitszeit ausschlägt.

Ausserdem bedeutet weniger Arbeitszeit auch nicht automatisch weniger Engagement. Viel mehr gilt es, auch die Einstellungen und Beweggründe hinter einem Verhalten zu berücksichtigen. Eine neue Studie von Martin Schröder, zeigt, dass die Arbeitsmotivation über die Generationen hinweg ähnlich ist, wenn Alter und historischer Kontext berücksichtigt werden. Alle Generationen schreiben der Arbeit im Laufe der Zeit eine geringere Bedeutung zu. Da die später Geborenen später in der historischen Zeit befragt wurden, scheint es auf den ersten Blick so, als ob sie aufgrund ihres Geburtsdatums die Arbeit weniger wichtig finden, während sie in Wirklichkeit die Arbeit weniger wichtig finden, weil sie später in der historischen Zeit befragt wurden, d. h. zu einem Zeitpunkt, zu dem jede:r die Arbeit weniger wichtig findet.

Keine Unterschiede bezüglich Work-Life-Balance

Auch bei der Work-Life-Balance zeigt sich, dass Gen Z nicht einzigartig ist. Auf die Frage, wie schwierig es ist, sich von der Arbeit zu trennen, geben sowohl Gen Z als auch Gen Y ähnlich niedrige Werte an (2,46 bzw. 2,48 auf einer Skala von 1-10). Mindestens 75% beider Generationen gaben Werte unter 5 an. Im Zeitverlauf wird jedoch deutlich, dass es zunehmend schwieriger wird, sich von der Arbeit zu trennen.

Ebenfalls keinen Unterschied sieht man bei der Frage, ob die Erwerbstätigen nach der Arbeit zu erschöpft sind, um Freizeitaktivitäten wie Hobbies nachzugehen. Auf der gleichen 1-10-Skala wie oben lagen die Durchschnitte bei den Gen Z bei 4.27 und bei den Gen Y bei 4.21. Auch auf die einzelnen Jahre heruntergebrochen übersteigt die Differenz der Durchschnittswerte zwischen den Generationen nie 0.3.

Die Unterschiede zwischen den Generationen sind nicht so gross, wie oft dargestellt. Letztlich sollten wir also vorsichtig sein mit Stereotypen und anerkennen, dass jede Generation ihre eigenen Herausforderungen und Stärken hat. Statt Vorurteile zu pflegen, sollten wir den Dialog zwischen den Generationen fördern und die Vielfalt an Erfahrungen und Perspektiven schätzen.

Daten, Methoden und Validität der Ergebnisse

Für vorliegenden Blogbeitrag wurden Daten von Swiss Household Panel (SHP) verwendet. Beim SHP handelt es sich um eine national repräsentatives Umfrage, die seit 1999 jedes Jahr in der Schweiz durchgeführt wird. Das Hauptziel ist es, den „sozialen Wandel und die Veränderungen der Lebensbedingungen in der Schweiz zu beobachten“, weshalb der Fragebogen über verschiedenste Themen der Sozialwissenschaften spannt.

Für die Analyse von Generationenunterschieden eignet sich das SHP durch seinen Panelcharacter, da für die Identifizierung und Isolierung des Effekts, einer bestimmten Generation anzugehören, auch Veränderungen über die Zeit und verschiedene Lebensalter berücksichtigt werden müssen. Stichwort dazu ist das Age-Period-Cohort-Problem oder APC-Problem, das auch schon im Blogbeitrag selbst erwähnt wurde. Gänzlich lassen sich die Effekte nie auseinanderhalten, da eine Generation – logischerweise – nie zur selben Zeit gleich alt ist.

Ich versuche den Generationeneffekt aber hervorzuheben, in dem ich mich beim Alter auf ein bestimmtes Lebensabschnitt fokussiere. Spezifisch handelt es sich dabei um die Alter 16 bis 26, die den Lebensabschnitt des „Berufseinstiegs“ repräsentieren. Dies aus dem Grund, weil ich mich für die jüngste Generation im heutigen Arbeitsmarkt „Gen Z“ (’96-’10) interessiere, welche im verfügbaren Datenzeitraum des SHP (2002-2022) max. 26 Jahre alt ist. Durch die Beschränkung auf max. 26 Jahre und dem Fakt, dass die ersten verfügbaren Daten von 2002 stammen, fallen die Beobachtungen der Silent Generation (’22-’55) und der Babyboomer (’56-’65) automatisch weg. Von der Gen X (’66-’80) blieben auch nur noch vereinzelte Beobachtungen übrig, und weil der Vergleich zw. ältester Jahrgänge und jüngste Jahrgänge nicht ganz fair ist, verzichte ich auf eine Analyse der Gen X. Obwohl dadurch nur noch der Unterschied der Gen Z zur Gen Y (’81-’95) beobachtet werden kann, ist dafür der Vergleich zwischen den Gruppen valider. Neben der Kontrolle des Age-Effekts des APC-Problems sind nämlich die Merkmalverteilungen der exogenen Variablen, d.h. Variablen, die auch einen Einfluss auf Arbeitsverhalten haben könnten, zwischen den Generationengruppen ausgeglichen(er). Allerdings müssen die Vergleiche von Gen Y und Z trotzdem mit Vorsicht interpretiert werden durch die unterschiedlichen Gruppengrössen, da im Datensatz etwa doppelt so viele Millenials als Gen Z-ler sind.

Bezüglich der Validität der Ergebnisse ist vor allem wichtig zu erwähnen, dass ich im Blog nur die deskriptiven Ergebnisse zeige. Dies, weil die deskriptiven Plots dieselben Tendenzen aufzeigen und für die Leserschaft einfacher ist zu verstehen. Obwohl ich die Signifikanz der Ergebnisse mit Varianzanalysen und Regressionen überprüfe, beschränkt sich damit die Aussagekraft auf allgemeine Tendenzen statt abschliessend validen Resultaten. Hinzuweisen ist auch auf das bekannte Problem der „Social Desirability“ verbunden, bei der Befragte statt ihrer eigenen Antwort die (in ihren Augen) sozial erwünschte anzugeben. Beispielsweise ist es möglich, dass die Angabe der Arbeitsstunden dadurch verzerrt ist.

Mehr zur gewählten Methodik und den Überlegungen dahinter ist auch im „R-Code zu den Analysen“ (s. Link unten) zu finden.

Ressourcen für die Replikation:
Swiss Household Panel Daten
– R-Code zur Datenaufbereitung
– R-Code zu den Analysen

Referenzen

BFS (2023). Generationen auf dem Arbeitsmarkt. https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/arbeit-erwerb/erwerbstaetigkeit-arbeitszeit/alter-generationen-pensionierung-gesundheit/generationen-arbeitsmarkt.html

Schröder, M. (2023). Work Motivation Is Not Generational but Depends on Age and Period. J Bus Psychol. https://doi.org/10.1007/s10869-023-09921-8

Informationen zum Blogbeitrag

Autorin: Marina Haller
E-Mail: marina.haller2@uzh.ch
Abgabedatum: 30.06.2024
Wortanzahl: 902
Vorlesung: Forschungsseminar Politischer Datenjournalismus
Dozierende: Lucas Leemann, Karsten Donnay, Jacqueline Büchi, Reto Mitteregger