Der schweizerische Nationalfond (SNF) fördert seit über 60 Jahren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Schweiz und im Ausland mit öffentlichen Geldern. Die grössten Beträge gehen dabei an Projekte aus den Naturwissenschaften sowie der Medizin, aber auch immer mehr Anträge aus Geistes- und Sozialwissenschaften werden bewilligt.
Forschung gilt gemeinhin als zentral für die Entwicklung eines rohstoffarmes Land wie der Schweiz. So steht die Schweizerische Forschung im internationalen Vergleich denn auch hervorragend da. Im Jahr 2012 investierte die Schweiz rund 18.5 Milliarden Franken in Forschung und Entwicklung (F & E), dies entspricht 3,1 Prozent ihres Brutto Inland Produktes (BIP). Damit liegt die Schweiz, hinter Südkorea, Israel, Finnland, Schweden und Japan, international an sechster Stelle. 12,8 Milliarden Franken entfallen dabei auf den Privaten Sektor und 5,2 Milliarden auf die Forschung an den Hochschulen. Dieser Sektor weist mit einer Zunahme von 32 Prozent seit 2008 das grösste Wachstum aus.
61% der totalen Ausgaben für F & E wurden privat finanziert, 12% trug das Ausland und der restliche Viertel von insgesamt 4,7 Milliarden Franken stellten der Bund (15%) und die Kantone (10%). Von diesen 4,7 Milliarden wurden 4,2 Milliarden zugunsten der Hochschulforschung verwendet. Rund ein Viertel seiner Aufwendungen für F & E investiert der Bund in den Schweizerischen Nationalfonds (SNF).
Der Schweizerische Nationalfonds
Der Schweizerische Nationalfonds wurde vom Bund als privatrechtliche Stiftung gegründet und ist die wichtigste, durch staatliche Gelder finanzierte Förderungsorganisation für F & E. Das Parlament hat dem SNF für die Jahre 2013 – 2016 Bundesmittel in der Höhe von rund 3720 Millionen Franken zugesprochen. Er fördert damit insbesondere die Grundlagenforschung und den wissenschaftlichen Nachwuchs. Der SNF kennt verschiedene Förderungsinstrumente. Das wichtigste Instrument ist die Projektförderung. Hierbei bewerten in einem ersten Schritt externe Gutachter die eingereichten Projekte nach wissenschaftlichen Kriterien, danach entscheidet in einem zweiten Schritt der Forschungsrat des SNF über die zu bewilligenden Beträge. Daneben verfügt der SNF über Instrumente zur Förderung von Nachwuchsforschern, nationalen Forschungsprogrammen und -schwerpunkten sowie der Forschungsinfrastruktur. Im Gegensatz zu Geldern, welche Bund und Kantone den Institutionen direkt zukommen lassen, spricht der SNF nur für nach wissenschaftlichen Kriterien geprüfte Anträge Geld. Hierbei orientiert er sich an wissenschaftlicher Innovation und Wettbewerb.
Seit seiner Einführung im Jahr 1952 hat der SNF für Projekte, Karrierenförderungen, Programme und Infrastruktur in Geistes- und Sozialwissenschaften, den Naturwissenschaften sowie der Biologie und Medizin insgesamt über 13,8 Milliarden Franken ausgegeben. 2014 bewilligte der Nationalfonds Forschungsbeiträge von über 875 Millionen Franken, so viel wie nie zu vor.
(Quelle: SNF, eigene Darstellung)
Die grössten Beträge pro Jahr wurden bereits seit der Gründung des SNF für die Naturwissenschaften sowie die Biologie und Medizin gesprochen. Die gesprochenen Beträge für die beiden Disziplinen bewegten sich mehr oder weniger im Gleichschritt. So gab der SNF im letzten Jahr 337,4 bzw. 301,6 Millionen für naturwissenschaftliche bzw. biologische und medizinische Forschung aus. Jeweils weniger hohe Beträge wurden in allen Jahren zugunsten der Geistes- und Sozialwissenschaften gesprochen. Im letzten Jahr rund 236 Millionen.
Im Durchschnitt hat sich die Summe der jährlich gesprochenen Beiträge über die Jahre erhöht. So hat sie sich von rund 354 Millionen im Jahr 2004 auf über 875 Millionen im Jahr 2014 mehr als verdoppelt. Auffallend ist, dass die Summen der jährlich gesprochenen Beiträge zum Teil stark variieren. Insbesondere in den Jahren 2001, 2005, 2009 sowie 2014 lassen sich starke Anstiege gegenüber den Vorjahren beobachten. Dies erklärt sich damit, dass in diesen Jahren jeweils Nationale Forschungsschwerpunkte (NFS) lanciert wurden. Dabei handelt es sich um mehrjährige Forschungsprojekte, welche durch den SNF geprüft und vom Bundesamt für Volkswirtschaft bewilligt werden.
Schaut man sich die durchschnittlich gesprochenen Beiträge pro Antrag an, relativieren sich die stark gestiegenen Ausgaben ein wenig.
(Quelle: SNF, eigene Darstellung)
Wie erwartet werden bei den Geistes- und Sozialwissenschaften durchschnittlich die kleinsten Beträge aufgewendet. Die im Durchschnitt teuersten Projekte entfallen auf die Biologie und Medizin. Durchschnittlich leicht günstiger sind Projekte aus den Naturwissenschaften. Auffallend jedoch ist, dass die durchschnittlich anfallenden Beiträge pro Antrag in all den Jahren nur leicht gestiegen sind. Auch hier zeigen sich die typischen Ausschläge aufgrund der langfristigen Projekte im Rahmen der Nationalen Forschungsschwerpunkte. Der durchschnittlich Betrag für einen bewilligten Antrag im Jahr 2012 war jedoch etwa gleich hoch wie beispielsweise im Jahr 1992.
Geistes- und Sozialwissenschaften auf dem Vormarsch
Wie die folgende Grafik zeigt, ist die absolute Zunahme bei den jährlich bewilligten Beträgen zu einem guten Teil auf eine ebenfalls starke Zunahme bei der Anzahl bewilligter Anträge zurückzuführen.
(Quelle: SNF, eigene Darstellung)
Die Anzahl bewilligter Anträge pro Jahr hat in allen Disziplinen stark zugenommen. In den letzten zehn Jahren, in denen sich die Summe der jährlich gesprochenen Beiträge mehr als verdoppelte, nahm auch die Anzahl bewilligter Anträge von 1800 auf über 2700 zu. Dies entspricht einer Zunahme von rund 50 Prozent. Die Verteilung hat sich in den letzten Jahren jedoch verändert. Während die Anzahl bewilligter Anträge aus den Naturwissenschaften und der Biologie und Medizin in den letzten drei Jahren stagnierte oder sogar leicht abnahm, wurden stetig mehr Geistes- und Sozialwissenschaftliche Anträge bewilligt. Mittlerweile machen diese auch Prozentual den grössten Teil der bewilligten Anträge aus.
(Quelle: SNF, Eigene Darstellung)
Machten die bewilligten Anträge aus den Geistes- und Sozialwissenschaften bis ins Jahr 2000 den geringsten Anteil aus, werden seit 2003 am meisten Anträge aus diesem Gebiet bewilligt. Leider enthalten die Daten keine Angaben über die Anzahl der gestellten Anträge pro Disziplin. Aus diesen Daten lassen sich deshalb keine Schlüsse über allfällige ‚Erfolgsquoten‘ ziehen. Solche Quoten könnten Aufschluss darüber geben, ob nach wissenschaftlichen Kriterien genügende Anträge aus der Biologie und Medizin aus finanziellen Gründen und zu Gunsten von günstigeren Anträgen aus Geistes- und Sozialwissenschaften abgelehnt werden oder ob weniger Anträge aus diesen Disziplinen eingereicht wurden. So lässt sich darüber nur spekulieren.
Universitäten vs. Fachhochschulen
Laut Auftrag des Bundes sollen Universitäten und Fachhochschulen in der Forschung vermehrt kooperieren. Davon ist bei der Vergabe der SNF Beiträge noch wenig zu sehen. Das meiste Geld und die meisten Anträge werden noch immer im Bereich der Hochschulen gesprochen.
(Quelle: SNF, eigene Darstellung)
Nach wie vor betrifft nur ein verschwindend geringer Teil aller vom SNF gesprochener Beiträge Projekte an Fachhochschulen. Forschungsförderung durch den SNF an den Fachhochschulen ist damit weiterhin praktisch inexistent. Die Daten weisen darauf hin, dass durch diese einseitige Finanzierung bis heute ein ungleicher Wettbewerb zwischen der universitären Forschung und derjenigen an den Fachhochschulen herrscht, auch wenn letztere vermehrt von privater Forschungsförderung profitieren sollte. Der Verdacht bleibt bestehen, dass noch immer primär die Institutionen und nicht die Qualität der Forschung im Vordergrund stehen. Eine echte Gleichstellung mit der Möglichkeit eines Ausbaus der Forschungskapazitäten an Fachhochschulen bedingt möglicherweise eine Restrukturierung der Forschungsfinanzierung.
Es hat sich gezeigt, dass Beiträge für im Durchschnitt günstigere, jedoch in ihrem volkswirtschaftlichen Nutzen schwieriger zu messende Projekte aus Geistes- und Sozialwissenschaften zunehmen. In den Daten weist hingegen wenig darauf hin, dass dies auf Kosten der Forschung in den Naturwissenschaften und der Biologie und Medizin geschieht. Überhaupt sollte, nach Meinung des Autors, die Forschung nicht auf direkt messbaren volkswirtschaftlichen Nutzen reduziert werden. Viel mehr können Forschungsergebnisse aus Geistes- und Sozialwissenschaften dazu beitragen, die technologischen Entwicklungen an die gesellschaftlichen Bedürfnisse anzupassen. Damit die Grundlagenforschung diesen hohen Ansprüchen genügen kann, ist sie weiterhin auf kontinuierliche Beiträge des SNF angewiesen.
Nicolas Bernet | 06-607-477 | nicolas.bernet@uzh.ch
Seminar Policy-Analyse: Politischer Datenjournalismus
Dr. Sarah Bütikofer, Prof. Dr. Fabrizio Gilardi, Dr. Michael Hermann und Dr. des. Bruno Wueest.