So wohnen Zürichs Wohngemeinschaften

So wohnen Zürichs Wohngemeinschaften

„Gleich und Gleich gesellt sich gern“ – trifft dies auch auf die Bewohner der Stadtzürcher Wohngemeinschaften zu, oder sind sie so divers wie die Stadt selbst?

Das mediale Interesse am Wohnen in der Stadt ist gross. Viele Artikel beschäftigen sich mit der Gentrifizierung und der Aufwertung von Stadtquartieren. Dabei gehen typische Wohnformen vergessen – beispielsweise die Wohngemeinschaft (WG). Immer mehr Menschen können von sich sagen, dass sie selbst in einer WG gewohnt haben. Was früher hauptsächlich eine Wohnform von Studierenden gewesen ist, wird heute vermehrt auch von Berufstätigen und älteren Personen als Haushaltsform gewählt. Eine Wohnform also mit Zukunftspotential. Nun ist es möglich mit den Daten von Statistik Stadt Zürich einen Einblick in die WGs der Stadt Zürich zu werfen. Alle Darstellungen in diesem Artikel sind mit den Daten der Statistik Stadt Zürich durch eigene Berechnungen erstellt worden. Dies erlaubt es nun Fragen zu beantworten, welche sich mit der Zusammensetzung der Wohngemeinschaften befassen, ob beispielsweise Frauen lieber nur mit Frauen wohnen.

 

Die Stadt und die WGs

Während in der Stadt Zürich in den Jahren 2013 bis 2016 zwischen 12,4 und 13,5 Prozent der ständigen Wohnbevölkerung in einer WG lebten, so unterscheiden sich diese Werte deutlich, wenn die Quartiere der Stadt betrachtet werden. Dies ist in den Kartendarstellungen, in denen der Anteil der Wohngemeinschaften eingetragen ist, ersichtlich (2013, 2014, 2015, 2016). Es zeigt sich, dass die Quartiere der Innenstadt einen höheren Anteil an Wohngemeinschaften beherbergen als beispielsweise die Aussenquartiere. Jedoch unterscheiden sich die Quartiere nicht nur hinsichtlich des relativen Anteils der WGs, sondern auch bezüglich der Zusammensetzung anderer Wohnformen (folgende Grafik betrachtet dies genauer). Insgesamt ist es wichtig, dass hier ausschliesslich WGs betrachtet werden – davon ausgenommen sind Zweipersonenhaushalte.

 

Gleich zu Gleich?

Wie aus der Darstellung zu entnehmen ist, wohnen mehr als 75 Prozent aller Personen die in WGs leben, mit 2 oder 3 MitbewohnerInnen zusammen. Aber wer sind diese Personen? Sind sie gleichen Alters, gleichen Geschlechts und besitzen sie die gleiche Herkunft? Diese Fragen können mit dem neuen Datensatz beantwortet werden.

Daten : Statistik Stadt Zürich; Darstellung: Tobias Ackermann

Klassische – unter anderem soziologische Theorien – unterstellen dem Menschen einen Hang zur Homogenität. Das heisst, Menschen selektieren sich in Gruppen oder Zweierbeziehungen anhand von Merkmalen, welche sie selbst besitzen. Klassische Beispiele für solche Merkmale sind Bildungsstand, Religion, Nationalität, Alter oder Geschlecht. Von diesen klassischen Merkmalen kommen Nationalität, Alter und Geschlecht in den Daten vor und können analysiert werden.

 

Das Geschlecht

Wohnen Frauen lieber mit Frauen und Männer mit Männern? Folgende Grafik zeigt, dass 19,28% der Männer und 11,13% der Frauen in geschlechterhomogenen Wohngemeinschaften leben. Der Unterschied in der relativen Häufigkeit zwischen den Geschlechtern ist deutlich. Dies gilt auch für die durchschnittliche WG-Grösse aufgeteilt nach dem Geschlecht. Hier die Verteilung der Geschlechter auf die Grössen der WGs, hier beschränkt bis zu 10 Mitbewohnern:


Daten : Statistik Stadt Zürich; Darstellung: Tobias Ackermann

Nationalität

Wie beim Geschlecht kann auch die Frage danach gestellt werden,  wie homogen Wohngemeinschaften bezüglich ihrer Nationalität sind. Es zeigt sich, dass SchweizerInnen deutlich häufiger in national-homogenen WGs leben (50,56%) als Personen einer anderen Herkunft (18,06%). Dies zeigt sich auch an der Verteilung der Herkunft von Personen in Bezug auf die Anzahl Nationen in einer WG. So leben SchweizerInnen im Durchschnitt mit 1,62 anderen Nationen zusammen, während Personen anderer Herkunft mit durchschnittlich 2,19 anderen Nationen zusammenwohnen:


Daten : Statistik Stadt Zürich; Darstellung: Tobias Ackermann

Das Ergebnis muss nicht grundsätzlich heissen, dass SchweizerInnen vermehrt mit ihresgleichen zusammenwohnen wollen. Viel mehr kann dies als Ausdruck der allgemeinen Bevölkerungsstruktur verstanden werden: SchweizerInnen haben eine viel grössere Auswahl, mit einem/einer anderen SchweizerIn zusammen zu ziehen, als dies beispielsweise für Personen mit einer anderen Herkunft überhaupt möglich ist.

Das Alter

Auch ist das Alter von Interesse. Wer behauptet, WGs seien nur etwas für junge Leute im Studium oder in der Ausbildung täuscht sich: der grösste Anteil an Personen in WGs machen die 25-29-Jährigen aus, gefolgt von den 20-15-Jährigen. Allerdings machen die 30 bis 50-Jährigen gemeinsam immer noch gut einen Viertel der Personen aus, die in Wohngemeinschaften leben.


Daten : Statistik Stadt Zürich; Darstellung: Tobias Ackermann

Durchschnittlich leben Kinder unter 20 mit über fünf weiteren Personen im selben Haushalt. Erstaunlich ist, dass gerade die am stärksten vertretene Altersklasse – die 25-30-Jährigen mit im Vergleich wenigen Personen zusammenwohnen, während die 30 bis 50-Jährigen wieder mit eher mehr Personen zusammenleben:


Daten : Statistik Stadt Zürich; Darstellung: Tobias Ackermann

Wie sieht es nun aber mit der Homogenität der WGs bezüglich Alter aus? Es zeigen sich deutliche Unterschiede: während Personen im Alter zwischen 20 und 29 Jahren relativ häufig (über ein Fünftel) in altershomogenen Wohngemeinschaften leben, gilt dies für die anderen Alterskategorien nicht mehr. Selbstverständlich ist dies für Kinder, da sie nicht ohne Erwachsene Personen in einem Haushalt leben können. Dies wirkt sich auch darauf aus, dass Personen über 35 Jahre selten in altershomogenen Wohngemeinschaften leben, da sie eventuell Eltern sind.


Daten : Statistik Stadt Zürich; Darstellung: Tobias Ackermann

Schweizer Männer zwischen 20 und 30

Die Analyse der Daten kann das Sprichwort in der Einleitung nur bedingt bestätigen. Altershomogenität zeigt sich nur in zwei der zwölf Altersklassen, wenn auch nur bedingt. Die Homogenität bezüglich Herkunft in einer WG hängt stark von der Nationalität selbst ab. So stimmt die Homogänitätsannahme für SchweizerInnen, allerdings deutlich weniger für andere Nationen. Und auch bezüglich Geschlechterhomogenität ist die Annahme abhängig vom „Geschlecht der WG“. So ist die Wahrscheinlichkeit eine homogenen Wohngemeinschaft anzutreffen am grössten unter Schweizer Männer im Alter zwischen 20 und 30 Jahren.

Auch wenn es nur bedingt zutrifft, dass „Gleich und Gleich“  in einer Wohngemeinschaft anzutreffen ist, so zeigt sich, dass die Wohngemeinschaft eine Wohnform mit vielen Facetten ist, in der sich die Diversität der Stadt Zürich widerspiegelt.

 

Informationen zum Blogbeitrag

Verfasser: Tobias Ackermann

Daten: Statistik Stadt Zürich

Abgabe: 17.12.2017 im Rahmen des Forschungsseminars Politischer Datenjournalismus

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